Andernach – Das Rheintor: Die älteste Doppeltoranlage des Rheinlandes
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Das Rheintor in Andernach ist nicht nur ein beeindruckendes Bauwerk des Mittelalters, sondern auch ein Zeugnis der wechselvollen Geschichte der Stadt. Als älteste erhaltene Doppeltoranlage des Rheinlandes gehört es zu den wichtigsten Wahrzeichen der Region. Es verbindet beeindruckende Architektur, spannende historische Entwicklungen und eine einzigartige Symbolik. Heute zieht das Tor mit seinen berühmten „Bäckerjungen“ Besucher aus aller Welt an und erzählt die Geschichte von Andernach auf eindrucksvolle Weise. Das Rheintor ist nicht nur ein historisches Wahrzeichen, sondern auch ein wichtiger Orientierungspunkt auf dem Linksrheinischen Jakobsweg, der durch Andernach führt.
Erbauung des Rheintors als Haupttor der Stadt Andernach.
Das Tor entstand mit einem Spitzhelmdach und Statuen an der Feldseite.
Erweiterung des Rheintors.
Ein Vortor und trapezförmige Torzwinger wurden hinzugefügt.
Entfernen des Wehrgangs auf der Innenseite.
Die Bögen wurden zugemauert, und der Wehrgang wurde aufgegeben.
Umbau des stadtseitigen Torhauses.
Drei Treppengiebel und zwei große Eckwarten wurden hinzugefügt.
Veränderungen im Dachbereich.
Ein Mansarddach und neue Fenster wurden hinzugefügt.
Anhebung des Rundbogens um 1,50 Meter.
Um die Durchfahrt zu vergrößern, wurde das Straßenniveau angehoben.
Erhaltungsmaßnahmen durch Denkmalschützer.
Professor Dr. Paul Clemen verhinderte den geplanten Abriss.
Das Rheintor als architektonisches Wahrzeichen.
Das Tor ist ein einzigartiges Beispiel spätromanischer Doppeltoranlagen.
Ursprung und Namensgeschichte des Rheintors
Das alte „Kornpforte“ und die Umbenennung
Das Rheintor, eines der markantesten Bauwerke in Andernach, wurde ursprünglich um das Jahr 1200 errichtet. Doch der Name „Rheintor“ ist eine vergleichsweise neue Bezeichnung. Bis ins 19. Jahrhundert war es als „Kornpforte“ bekannt, abgeleitet von der damals angrenzenden Korngasse (heute Rheinstraße).
Im Laufe der Jahrhunderte änderte sich der Name der Straße und damit auch die Bezeichnung des Tores. Ursprünglich als „Korengass“ bekannt, wandelte sich der Name in Varianten wie „Korenportz“, „Corn Porte“ oder im hochdeutschen „Kornpforte“. Erst im 19. Jahrhundert, als aus der Korngasse die Rheinstraße wurde, bürgerte sich der Name „Rheintor“ ein – eine Bezeichnung, die bis heute Bestand hat und die Verbindung der Stadt zum Rhein betont.
Bedeutung als Haupttor der Stadt
Das Rheintor war einst das Haupttor der Stadt Andernach und bildete einen zentralen Zugangspunkt. Es lag an einer wichtigen Verkehrsachse und bot durch seine massive Bauweise Schutz vor Angriffen. Neben der Ruine des Koblenzer Tores ist es das einzige noch erhaltene von insgesamt fünf Haupttoren und fünf Nebentoren, die die Stadt einst schützten.
Historische Nebeninfo
Laut alten Quellen trugen die fünf Haupttore von Andernach die folgenden Namen:
- Kölnpforte (Coellenporzen) – im Westen
- Kirchtor (Kirchporzen) – im Süden
- Schaftor (Schafporzen) – ebenfalls im Süden
- Koblenzer Tor (Burgporzen) – im Osten
- Kornpforte (Korenporzen, heute Rheintor) – im Norden
Dazu kamen Nebentore wie die Schreiberspforte, Moerspforte, Neupforte, Fischpforte und Trierpforte, die jeweils strategisch an der Rheinmauer oder innerhalb der Stadtmauern lagen.
Architektur und Baugeschichte
Die erste Bauphase um 1200
Das Rheintor wurde um das Jahr 1200 erbaut und gehört damit zu den ältesten erhaltenen Stadttoren im Rheinland. Ursprünglich bestand die Anlage lediglich aus einem einfachen Spitzbogentor mit einem hölzernen Überbau, der von Basaltkonsolen getragen wurde. Diese Konsolen, die noch heute sichtbar sind, zeugen von der ursprünglichen Bauweise und dienten als Fundament für einen kleinen hölzernen Wachraum, auch „Überzimmer“ genannt.
Die Gestaltung des Tores war schlicht, aber funktional: Zwei steinerne Wächterfiguren, die sogenannten „Bäckerjungen“, schmückten die Feldseite des Tores. Ursprünglich waren diese Figuren farbig bemalt, sodass sie schon von Weitem sichtbar waren. Neben ihrer dekorativen Funktion symbolisierten sie die Wehrhaftigkeit der Stadt.
Erweiterungen im 14. Jahrhundert
Im 14. Jahrhundert wurde die Toranlage erheblich erweitert, um den steigenden Anforderungen an den Verteidigungsschutz gerecht zu werden. Zu dieser Zeit wurde ein zweites Tor errichtet, das durch einen trapezförmigen Zwinger mit dem Haupttor verbunden wurde. Der zusätzliche Vorbau verstärkte die Verteidigungsfähigkeit und machte das Rheintor zu einer der ersten Doppeltoranlagen im Rheinland.
Die gotischen Elemente, wie der Rundbogenfries am Vortor, stammen ebenfalls aus dieser Bauphase. Ursprünglich war das Vortor mit einem Wehrgang ausgestattet, der jedoch bereits im 15. Jahrhundert entfernt und die Bögen zugemauert wurden.
Veränderungen in der Renaissance und Moderne
Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Rheintor immer wieder an die Bedürfnisse der jeweiligen Zeit angepasst. Besonders auffällig ist der dreistöckige Torturm mit seinem ursprünglichen Spitzhelm, der im frühen 17. Jahrhundert entstand. Zu dieser Zeit erhielt das Haupttor zusätzlich drei Treppengiebel sowie zwei große Eckwarten, die der Anlage ein imposantes Aussehen verliehen.
Im 18. Jahrhundert wurde das Rheintor erneut umgestaltet. Der Torturm erhielt ein Mansarddach und größere Fenster, um die Nutzung der Räume zu erleichtern. Ein bedeutender Eingriff erfolgte im Jahr 1899, als das Straßenniveau angehoben wurde. Um die Durchfahrt zu ermöglichen, musste ein Teil des Rundbogens des stadtseitigen Tores herausgebrochen werden.
Das feldseitige Tor wurde vollständig abgetragen und nach den Plänen von Professor Dr. Paul Clemen im Stil des 17. Jahrhunderts höher wiedererrichtet. Dank seiner Bemühungen blieb das Rheintor erhalten, obwohl die Stadtverwaltung 1894 den Abriss geplant hatte.
Besondere architektonische Details
- Basaltkonsolen: Die ursprünglichen Basaltkonsolen unter den Wächterfiguren erinnern an den hölzernen Überbau der ersten Bauphase.
- Rundbogenfries: Dieser spätgotische Fries auf halber Höhe des Vortores zeugt von der künstlerischen Qualität der Bauherren im 14. Jahrhundert.
- Mansarddach: Ein typisches Element der Umbauten im 18. Jahrhundert, das Funktionalität und Eleganz vereinte.
Die Wächter des Tores – Die Bäckerjungen
Herkunft und Bedeutung der Figuren
Die beiden steinernen Statuen, bekannt als die „Bäckerjungen“, stehen auf der Feldseite des Rheintors und blicken wachsam in die Ferne. Diese Figuren aus Tuffstein wurden im spätromanischen Stil gefertigt und sind eines der ältesten dekorativen Elemente der Toranlage. Sie gelten als Wächterfiguren und repräsentieren sowohl die Wehrhaftigkeit als auch die Bedeutung der Stadt Andernach im Mittelalter.
Ihre genaue Herkunft lässt sich heute nicht mehr eindeutig bestimmen. Man nimmt jedoch an, dass sie bereits aus der ersten Bauphase des Tores im frühen 13. Jahrhundert stammen. Ursprünglich waren die Statuen bemalt und somit auch von Weitem sichtbar. Die Farbgestaltung diente nicht nur der Dekoration, sondern auch der Repräsentation der Stadt.
Die Sage der „Bäckerjungen“
Seit dem 19. Jahrhundert sind die Figuren unter dem Namen „Bäckerjungen“ bekannt. Dieser Name stammt von einer Sage, die in Andernach erzählt wird: Angeblich sollen die Bäckerjungen die Stadt vor einer Belagerung gerettet haben, indem sie Brote mit Sand füllten und über die Stadtmauern warfen. Die Angreifer glaubten daraufhin, Andernach habe noch genug Vorräte für eine lange Belagerung, und zogen sich zurück.
Obwohl diese Geschichte nichts mit den eigentlichen Figuren zu tun hat, ist sie ein fester Bestandteil der lokalen Überlieferung und verleiht den „Bäckerjungen“ eine ganz besondere Bedeutung.
Besondere Details der Figuren
Die Statuen stehen auf Basaltkonsolen, die noch aus der ersten Bauphase des Tores stammen. Ihre Darstellung ist schlicht gehalten, aber dennoch ausdrucksstark. Beide Figuren tragen typische Waffen und Schilde, was auf ihre Funktion als Wächterfiguren hinweist. Ihre heutige Bezeichnung mag romantisierend sein, doch sie erinnern an die wehrhafte Vergangenheit Andernachs.
Fazit und Erhaltungsmaßnahmen
Die Rettung durch Professor Dr. Paul Clemen
Das Rheintor in Andernach hat eine bewegte Geschichte hinter sich, die beinahe in seinem Abriss geendet hätte. Im Jahr 1894 plante die Stadtverwaltung, das alte Stadttor vollständig abzureißen, da es als Verkehrshindernis galt. Doch dank des Engagements von Professor Dr. Paul Clemen, einem bedeutenden Kunsthistoriker und Denkmalpfleger, blieb das Tor erhalten.
Dr. Clemen setzte sich nicht nur für die Restaurierung des Rheintors ein, sondern ließ auch umfangreiche Maßnahmen durchführen, um das Bauwerk an die modernen Anforderungen anzupassen. So wurde das stadtseitige Tor um etwa 1,50 Meter erhöht, und der innere Torbogen wurde teilweise entfernt, um eine bessere Durchfahrt zu gewährleisten. Seine Arbeit sicherte nicht nur den Erhalt des Tores, sondern machte es zu einem wichtigen Denkmal der Region.
Bedeutung des Rheintors heute
Heute ist das Rheintor eines der bekanntesten Wahrzeichen von Andernach und zieht Besucher aus aller Welt an. Es steht für die wechselvolle Geschichte der Stadt, die sich in seiner Architektur und seinen Sagen widerspiegelt.
Als älteste erhaltene Doppeltoranlage des Rheinlandes ist das Rheintor nicht nur ein bedeutendes Zeugnis mittelalterlicher Baukunst, sondern auch ein Symbol für den Erhalt historischer Kulturdenkmäler. Die Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart macht es zu einem unverzichtbaren Teil des kulturellen Erbes der Region.
Das Rheintor ist nicht nur ein Ort, der die Geschichte Andernachs lebendig hält, sondern auch ein Mahnmal für die Bedeutung von Denkmalschutz und Restaurierung. Es erinnert uns daran, dass historische Bauwerke nicht nur Relikte der Vergangenheit sind, sondern lebendige Zeugen unserer Geschichte, die es zu bewahren gilt.
Besonders für Pilger, die auf dem Linksrheinischen Jakobsweg unterwegs sind, stellt das Rheintor ein beeindruckendes Beispiel der mittelalterlichen Stadtarchitektur dar
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Quellenangaben
- Paul Clemen: Das Rheinthor in Andernach. In: Die Denkmalpflege, 3. Jahrgang, Nr. 2 (30. Januar 1901), S. 10–13.
- Udo Liessem: Das Rheintor in Andernach. In: Klaus Schäfer (Hrsg.): Die Andernacher Bäckerjungen – Hintergründe einer Sage. Begleitheft zur Ausstellung, 1994, S. 31–39.
Anmerkungen: - Feldseite des Tors ist die nach außen bzw. dem Feld zugewandte Seite, im Gegensatz zur Stadtseite.