Dieulouard – Saint-Sébastien

(Département Meurthe-et-Moselle, Region Grand Est)

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Die Pfarrkirche Saint-Sébastien in Dieulouard ist eines der bedeutendsten sakralen Bauwerke der Region Meurthe-et-Moselle. Sie verbindet romanische und gotische Elemente und ruht auf einer jahrhundertealten Tradition, die bis ins 10. Jahrhundert zurückreicht. Berühmt ist sie vor allem wegen ihrer Krypta aus dem 12. Jahrhundert, die zu den ältesten erhaltenen Sakralräumen Lothringens zählt. Heute gilt die Kirche als bemerkenswertes Beispiel für den kontinuierlichen Wandel religiöser Architektur vom Mittelalter bis in die Neuzeit.

Geschichte

Ursprünge im Mittelalter

Bereits um 997 ließ Heimon, Bischof von Verdun, nach der Übertragung der Grafschaft Scarpone eine Kapelle zu Ehren des heiligen Sebastian errichten. Sie stand in enger Verbindung mit dem benachbarten Schloss, das den Schutz des jungen Dorfes Dieu-le-Wart (dem späteren Dieulouard) sichern sollte.

Die ursprüngliche romanische Kapelle wurde im Verlauf der Jahrhunderte mehrfach zerstört und wiederaufgebaut. 1481 begann unter Leitung des Priesters Jean Mengin der Wiederaufbau der Schlosskapelle.

Neubau im 16. Jahrhundert

Die heutige Kirche wurde 1504 im spätgotischen Stil errichtet. Das dreischiffige Langhaus ruht auf sechs Säulen, die die weiten Spitzbögen tragen. Der Chor, über Treppen mit jeweils acht Stufen erreichbar, ist reich mit geschnitztem Eichenholzwerk geschmückt – ein Werk des Architekten des Benediktinerklosters.

Veränderungen in der Neuzeit

Im Jahr 1739 ließ Pfarrer Nicolas Barthélémy das prächtige Eingangsportal mit einer Statue des heiligen Sebastian errichten, flankiert von zwei Engeln. Die barocke Gestaltung unterscheidet sich deutlich vom gotischen Gesamtbau, verleiht der Kirche aber eine eigene Eleganz.

1890 wurde das linke Seitenschiff um ein Joch verlängert. Diese Arbeiten finanzierte Pfarrer Marchal aus eigenen Mitteln und verband sie mit der Restaurierung der Orgel.

Während des Ersten Weltkriegs, am 17. Februar 1918, trafen zwei deutsche Bomben das Gewölbe, ohne zu explodieren – ein Ereignis, das als Wunder angesehen wurde. Die entleerten Bombenhülsen sind bis heute im Kirchenschiff zu sehen.

Die Krypta

Unter dem Chor befindet sich eine eindrucksvolle romanische Krypta aus dem 12. Jahrhundert. Zwei in den Fels gehauene Treppen mit je siebzehn Stufen führen hinab. Der Raum gliedert sich in zwei Joche:
– das vordere bildet das kleine Langhaus,
– das hintere den Chor mit drei schmalen romanischen Fenstern.

Im 20. Jahrhundert diente die Krypta als Ort der stillen Verehrung. Sie beherbergt zahlreiche Votivtafeln, kleine Madonnenfiguren, Engel und einen liegenden Christus.

 

Die jüngste Restaurierung erfolgte 2022. Seitdem befinden sich dort die Statuen von Johanna von Orléans (Jeanne d’Arc) und Jean de Dieulouard, die eine mittelalterliche Statue der Notre-Dame-des-Grottes flankieren.

Architektur und Ausstattung

Die Kirche Saint-Sébastien zeigt einen harmonischen Übergang von der Spätgotik zur Renaissance. Das Langhaus wird durch spitze Arkaden geöffnet, das Gewölbe trägt zarte florale Dekore.

Besonders auffällig ist das barocke Portal von 1739 mit korinthischen Säulen, Engelsfiguren und der Statue des heiligen Sebastian in einer zentralen Nische. Im Inneren schmücken zahlreiche Holzschnitzereien, Altäre und Heiligenfiguren den Raum.

Der Chorraum ist durch zwei Treppenstufen erhöht und bildet den liturgischen Mittelpunkt. Ein Reliefstein in der Südwand zeigt das Martyrium des heiligen Sebastian – ein seltenes Beispiel mittelalterlicher Steinmetzkunst in der Region.

Bedeutung und Legenden

Die Kirche ist nicht nur ein Baudenkmal, sondern auch Trägerin lokaler Legenden. Die Geschichte der Bomben von 1918 und das Gelübde des Pfarrers Gustave Clanché, eine Statue der „Guten Jungfrau auf Erden“ zu errichten, sind fest im kollektiven Gedächtnis verankert.

Durch ihre jahrhundertelange Baugeschichte – von der romanischen Kapelle über die gotische Hallenkirche bis hin zu barocken und neugotischen Elementen – verkörpert Saint-Sébastien den Wandel der Glaubensarchitektur in Lothringen.

Heute ist sie ein Ort der Ruhe, der Geschichte und des Gebets – und ein faszinierendes Ziel entlang des Chemin des Allemands (Trier – Le Puy).

Bleibe informiert

Melde dich jetzt für meinen Newsletter an und bleibe stets auf dem Laufenden, welche Wanderung als nächstes ansteht. Der Newsletter wird in unregelmäßigen Abständen versendet und du kannst dich jederzeit über den Link wieder abmelden.

Unterstütze das Projekt

Dieses Projekt lebt von meiner Leidenschaft für die Pilgerwege und historischen Orte Europas. Um die Seite weiter ausbauen und pflegen zu können, freue ich mich über jede Unterstützung, die mir hilft, diese Inhalte für alle verfügbar zu machen. Mit deiner Hilfe kann ich auch weiterhin Pilgerwege dokumentieren und die schönsten Schätze für alle zugänglich machen.

Quellenangaben

  1. Inventaire Général du Patrimoine Culturel (pop.culture.gouv.fr) – Datensätze zur Église Saint-Sébastien de Dieulouard, erfasst durch das französische Kulturministerium.

  2. Wikipedia (fr): Artikel Église Saint-Sébastien de Dieulouard – historische und architektonische Grundlagen.

  3. Commune de Dieulouard (dieulouard.fr) – lokale Informationen zur Geschichte der Kirche und zur Krypta-Restaurierung 2022.

  4. Base Mérimée (Ministère de la Culture, France) – Eintrag PA00106147: Église paroissiale Saint-Sébastien, Dieulouard (54).

  5. Lokale Presseberichte (Est Républicain, 2022) – über die Wiedereinweihung der Krypta und die Aufstellung der restaurierten Statuen von Jeanne d’Arc und Jean de Dieulouard.

  6. Archiv der Pfarrei Dieulouard – Historische Zeitleiste und Pfarrchronik (Einträge 1481–1918).

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert